Aufgabe der Pioniergruppe im Cohousingprojekt

Die Pioniergruppe entwickelt das Basiskonzept für das Cohousingprojekt. Die wichtigste Aufgabe der Pioniergruppe ist es, Richtungsentscheidungen zu treffen. Weil diese Gruppe sozusagen das Neuland betritt und den Boden bereitet, verwende ich den Begriff Pioniergruppe.

In der Übersicht finden Sie eine Checkliste mit den Themen, die Sie in der Pioniergruppe bearbeiten sollten. Aus der Summe dieser Entscheidungen ergibt sich ein klares Profil. Damit können sich die Menschen, die in die gleiche Richtung wollen, später anschließen.

Checkliste für die Pioniergruppe im Cohousingprojekt

Die Vision − Formulierung von Leitsätzen − Wofür steht das Cohousing-Projekt?

Größenordnung und ungefähre Mischung bzw. Altersstruktur
Grundstück suchen und Kaufvertrag vorverhandeln

Kostenschätzung und Entwurf Finanzierungsvarianten − Abgleich Finanzierungsvarianten und Machbarkeit für Zielgruppen
Konzept Rechtsform und Entwurf Vertrag − Entspricht die Rechtsform den gewünschten Mitwirkungsmöglichkeiten in der Vision

Entwurf Lage, Größe, Ästhetik Baukörper
Entwurf Baumaterialien − resultierend aus Anspruch Nachhaltigkeit
Entwurf verschiedene Varianten Wohnungsgrößen
Prozentsatz der Gemeinschaftsflächen − resultierend aus Anspruch Gemeinschaftlichkeit
Entwurf Lage der Gemeinschaftsflächen

Procedere Zuordnung der Wohnungen zu den Individuen

Prozesse für die Entscheidungsfindung − Entspricht dies den formulierten Leitsätzen Vision?
Aufbau der internen Organisation
Vorgehen für die Gemeinschaftsbildung

Marketingkonzept für weitere Mitglieder
Prozess für die Aufnahme neuer Mitglieder
Prozess für die Integration neuer Mitglieder

Größe der Pioniergruppe und das zweistufige Verfahren

Die Pioniergruppe hat Arbeitsgruppengröße. Man kann gut gemeinsam im Plenum arbeiten. Es ist möglich, dass im Plenum alle zu Wort kommen, ohne dass unerträgliche Längen entstehen. Gleichzeitig sollte die Pioniergruppe groß genug sein, dass sie die Fülle der anstehenden Aufgaben gut bewältigen kann. Ich empfehle eine Größe von ca. 8 bis 15 Personen. Lieber ein wenig größer, als eine optimale Arbeitsgruppengröße, weil es auch normal ist, dass während des Prozesses Menschen aussteigen. Dies passiert, weil manchen während der Konkretisierung deutlich wird, dass sie vielleicht doch alleine wohnen wollen, oder an einem anderen Ort, oder in einem Projekt mit einem anderen Schwerpunkt, oder sie mit den Leitsätzen andere Inhalte verbunden haben.

Wenn Sie ein kleines Wohnprojekt initiieren wollen, ist die Pioniergruppe schon identisch mit den späteren Bewohnern. Ihr Projekt könnte aber auch viel größer sein. Für mich ist z.B. klar, dass ich in einem Projekt mit ungefähr 40 bis 50 Erwachsenen plus Kinder leben möchte, weil mir Vielfalt wichtig ist.

In einer Großgruppe von 40 bis 50 Menschen, ohne Vorlauf die Richtungsentscheidungen zu treffen, ist eine Überforderung. Dies liegt an Folgendem: es findet immer gleichzeitig eine individuelle Klärung “Was will ich wirklich?“ wie eine Klärung in der Gruppe „Was wollen wir wirklich“ statt. Dies sind komplexe Meinungsbildungsprozesse. Es braucht einen Vorlauf in Form von Zeit, Information und Austausch.

Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen.

Ihnen ist z.B. ein sozialer und politischer Anspruch wichtig. Sie wollen mit dem Wohnprojekt politisch in Ihr städtisches Umfeld hineinwirken. Es soll auch möglich sein, mit wenig Geld dabei zu sein. Innerhalb des Wohnprojektes soll es einen Finanzausgleich geben können. Das heißt Menschen mit mehr Eigenkapital geben eine Querfinanzierung für Menschen mit weniger Eigenkapital. Ihre unausgesprochene Erwartung ist auch, dass ein Teil der Bauleistung in Eigenarbeit an den Wochenenden und abends geleistet wird. „Dies ist doch selbstverständlich!“ Daneben haben Sie weitere Erwartungen, die Ihnen noch nicht bewusst sind.

Sie schalten eine Anzeige in der TAZ und laden alle Leute, die sich melden, gleich zum ersten Visions- und Planungsworkshop ein, ohne vorher zu prüfen, wer die Leute sind und was sie wollen. Sie gehen davon aus, dass ihre gemeinsame Wertebasis als TAZ-Leser groß ist.

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich bei dieser offenen Einladung lähmende Grundsatzkonflikte in der Gruppe entwickeln werden. Einzelne Fraktionen wollen in unterschiedliche Richtungen. Im schlimmsten Fall sind die Fraktionen etwa gleich groß und alle Beteiligten haben im Verlauf der Zeit schon Geld und viel Engagement investiert. Dies kriegen sie nur schwer gelöst. Dann hilft nur noch eine gute externe Moderation, die die Trennung der Gruppe in unterschiedliche Untergruppen, die dann jeweils ihr eigenes Projekt kreiert, auf friedliche Weise unterstützt.

Deshalb hat sich in der Praxis ein zweistufiges Verfahren bewährt. In der ersten Phase findet sich eine Pioniergruppe, die ein Konzept entwickelt. In der zweiten Phase findet die Erweiterung auf die gewünschte Größe statt. Durch die klare Ausrichtung kommen dann die Leute dazu, die dazu passen. Hier zitiere ich stellvertretend meinen Interviewpartner aus dem Cohousingprojekt Mauerseglerei

Alle, die ich kenne, die in einer überschaubaren Zeit realisiert wurden, waren getragen entweder jetzt von einer starken Initiatorenperson, oder einer kleinen Gruppe, die meistens von einer Person ausgegangen ist, die diese Gruppe um sich versammelt hat. Diese Gruppe hat einen guten Rahmen gegeben und hat gut diese Kernsätze vorgegeben. Es kommen dann die Menschen dazu, die dazu passen.

Cohousingprojekte ziehen Menschen an, die mitgestalten wollen und für die das Potential der Selbststeuerung hoch sein muss. Dieses gemeinsame Kreieren ist auch ein Bestandteil der Magie. Von daher, könnten Sie jetzt denken, wenn die Pioniergruppe all dies aus der Checkliste entscheidet, welchen Freiraum haben die Dazukommenden denn dann noch? „Und die wollen doch auch dieses gemeinsam etwas zu gestalten erleben. Dadurch entsteht doch das Gemeinschaftsgefühl!“

Diese Sorge kann ich Ihnen komplett nehmen. Nachdem das Basispaket von der Pioniergruppe geschnürt wurde, bleiben mindestens noch 500 Einzelentscheidungen übrig bis das Haus und die nachbarschaftliche Gemeinschaft steht.

Beispiel 1 Gestaltung der Gemeinschaftsfläche:

Das Cohousingprojekt hat z.B. einen hohen Anspruch an die Gemeinschaftlichkeit. Deshalb hat die Pioniergruppe in ihrer Kostenkalkulation 20 Prozent umbauten Raum als Gemeinschaftsfläche kalkuliert, d.h. die Kosten dafür sind in den Kosten pro Quadratmeter individueller Wohnfläche enthalten. Damit ist aber noch völlig offen, wie diese Gemeinschaftsfläche gestaltet wird. Soll es z.B. einen größeren Multifunktionsraum für Yoga und Feste mit angeschlossenem Küchenbereich geben? Soll täglich einmal gekocht werden? Soll es eine gemeinsame Werkstatt geben? Eine Sauna? Einen Meditationsraum? Gästezimmer? Wie sehen die Bedarfe aus?

Beispiel 2 Wohnungsgrundrisse und Zuordnung individuelle Wohnung

Die Pioniergruppe hat gemeinsam mit dem Architekten z.B. die Lage der Gemeinschaftsflächen, der Treppenhäuser und der Steigleitungen festgelegt und Varianten von Wohnungsgrundrissen entwickelt. Die Festlegung der Lage der Steigleitungen ist z.B. wichtig, um die Kosten im Rahmen zu halten. Wenn jeder sein Bad irgendwo hinsetzt, entstehen hohe Kosten für die mehrfache Leitungsführung. Durch diese Festlegungen gibt es ein Basisraster, in das dann individuelle Wünsche und Wünsche der Gruppe fließen können. Es gibt noch sehr viel Gestaltungsspielraum. Auch die Frage, wer wo wohnt, ist an der Stelle noch offen. Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich vorstellen, wie ein gutes Verfahren für die heikle Verteilung der Wohnungen in einem Cohousingprojekt gestaltet werden kann.

Zusammensetzung der Pioniergruppe im Cohousingprojekt

Ihre Pioniergruppe sollte die angestrebte spätere Mischung widerspiegeln. Wenn Sie z.B. ein Mehrgenerationenprojekt planen, sollten die unterschiedlichen Altersgruppen in der Pioniergruppe von Anfang an präsent sein. Damit sind auch stellvertretend die unterschiedlichen Bedürfnisse und Sichtweisen gleich in der Konzeptionsphase direkt dabei.

Man könnte auf die Idee kommen, dass in der Pioniergruppe bestimmte fachliche Kompetenzen vorhanden sein müssten. Z.B. ein Architekt oder ein Finanzfachmann oder eine Organisationsentwicklerin. Ich rate davon ab, dies als wesentliches Entscheidungskriterium für die Aufnahme in die Pioniergruppe zu nehmen. Jeder dieser Themen kann mit gesundem Menschenverstand, der Fähigkeit systematisch zu analysieren und mit einer ergebnisorientierten Herangehensweise, unter punktueller Hinzuziehung von externen Experten, bearbeitet werden.

Es ist super, wenn Fachkompetenz da ist, aber viel entscheidender ist eine konstruktive Grundhaltung der Beteiligten. Die Bereitschaft zuzuhören, die Bereitschaft andere Meinungen zu respektieren und die Fähigkeit, lösungsorientiert zu arbeiten. Diese konstruktive Grundhaltung, gegenseitige Sympathie und gemeinsame Wertebasis ermöglichen es, ein Cohousingprojekt aufzubauen. Schauen Sie auch darauf, ob die Menschen in Ihrem Leben schon erfolgreich Dinge auf die Beine gestellt haben. In der Pioniergruppe brauchen Sie unbedingt auch Macherqualitäten.

Die Entstehung der Pioniergruppe und die Klärung des Profils sind eng miteinander verwoben

Jeder Prozess ist anders. Und trotzdem gibt es Grundmuster. Ich beschreibe jetzt das Grundmuster. Wie lange die einzelnen Schritte dauern, ob Sie Schleifen drehen und noch Zwischenschritte einfügen, hängt von den speziellen Rahmenbedingungen ab. Deshalb habe ich auch die folgenden Punkte nicht Schritte, sondern Elemente genannt. Vielleicht bauen sich bei Ihnen diese Schritte genau in der Reihenfolge aufeinander auf. Vielleicht entwickelt sich auch eine andere Dynamik, in der eine andere Abfolge der Elemente sinnvoll ist.

Element 1: Sie überlegen, in einem Cohousingprojekt zu wohnen. Der erste Schritt ist, mit Freunden über Ihren Traum zu sprechen, sich umzuhören, wer ähnliches will, existierende Projekte zu besuchen und auf Messen und Kontaktbörsen zu gehen. Dabei klären sich Ihre Vorstellungen. Schreiben Sie diese auch schon in Stichworten auf. Vielleicht begegnet Ihnen auf diesem Weg auch ein Cohousingprojekt in Gründung mit Grundstück, dass genau zu Ihnen passt und wo Ihnen die Menschen sympathisch sind. Dass ist leichter, als Initiator zu sein. Das entscheidende Ergebnis des ersten Schrittes ist, dass Sie eine klarere Vorstellung davon haben, was Ihnen wichtig ist.

Element 2: Vielleicht finden Sie bei dieser ersten Erkundung auch schon Menschen, die in die gleiche Richtung wie Sie wollen. Besprechen sie gemeinsam Ihre Essentials. Man könnte es auch Küchengespräche nennen. In diesen Küchengesprächen sprechen Sie über die Gründe, warum Sie in so einem Cohousingprojekt leben wollen. Es macht Spaß, ist belebend und Freude und Hoffnung entsteht. Es kristallisieren sich erste gemeinsame Überschriften wie z.B. „Miteinander“, „Nachbarschaftshilfe“ „Mehrgenerationenhaus“, „Neue Kultur“ heraus. Sie sprechen auch über Ihre räumlichen Vorstellungen.

Und mit hoher Wahrscheinlichkeit wandelt sich der Kreis der locker Interessierten aus Ihrem erweiterten Bekanntenkreis mehrfach, weil Unterschiede deutlich werden oder für den Einzelnen nochmal klar wird, dass er/sie sich sehr wohl alleine oder als Paar in seiner Wohnung fühlt und doch nicht gemeinsam ein Cohousingprojekt kreieren will. Schlussendlich entsteht der Impuls, konkreter zu werden. Jetzt kann es weitergehen.

Element 3: Das Grundstück. Treffen Sie möglichst früh die Standortentscheidung. Grenzen Sie dies schon möglichst genau ein und schauen Sie parallel nach geeigneten Grundstücken. Damit können Sie im nächsten Schritt gezielt Leute ansprechen, die eine ähnliche Vorstellung von der Lage des Grundstücks haben. Die Lage des Grundstücks ist wesentlich. 5 km Distanz können schon einen Unterschied ausmachen. Wenn es nachher richtig konkret wird und jeder für sich nochmal die Frage beantworten muss, ob er in diesem Viertel, mit dieser Verkehrsanbindung und in der Distanz zum Arbeitsplatz, oder zum Freundeskreis/Familie wirklich langfristig leben will, fallen die Antworten unterschiedlich aus. Auch wichtig: In einigen Städten wie Hamburg oder München unterstützt die öffentliche Hand durch Wettbewerbsverfahren Cohousinggruppen. Sie können sich mit einem Konzept und einer Gruppe für ein Grundstück bewerben. Die dafür eingerichteten Koordinationsstellen sind sehr kompetente Ansprechpartner.

Element 4: Sie erweitern ihren Radius um Gleichgesinnte zu finden. Hierfür haben Sie vielfältige Möglichkeiten:

  • Schalten Sie eine Anzeige oder beschreiben Sie ihren Traum in einem kleinen Artikel.
  • Nutzen Sie die Kontaktbörsen für gemeinschaftlichen Wohnprojekte.
  • Sie können auch schon eine kleine Internetseite als Information kreieren.
  • Wichtig ist auch die Nutzung spezifischer Informationskanäle. Wenn Sie z.B. eine junge Familie sind, finden Sie leicht Menschen Ihres Alters und in Ihrer Lebenslage. Falls Sie ein Mehrgenerationenprojekt gründen wollen, überlegen Sie, wo Sie Menschen in einer anderen Altersgruppe erreichen.

Die Pioniergruppe sollte schon die später gewollte Mischung widerspiegeln. Beginnen Sie nicht mit einer Pioniergruppe von sechs Menschen 50plus, wenn Sie ein Mehrgenerationenprojekt wollen!

Sie finden Resonanz und bekommen Anrufe oder E-Mails. Damit beginnt eine heikle Phase. Sie wollen die Leute finden, die erstens in die gleiche Richtung wollen und die zweitens auch die Power und Aufgeräumtheit haben, um ein anspruchsvolles Projekt als Teil der Pioniergruppe aus der Taufe zu heben. Eventuell haben Sie bei manchen Telefongesprächen ein schlechtes Bauchgefühl. Ich rate Ihnen, mit Augenmaß diesem Bauchgefühl zu folgen. Sie dürfen auch nein sagen.

Element 5: Jetzt laden Sie zu ersten Erkundungstreffen ein. Bei diesen Treffen schlage ich Ihnen vor, eine ergebnisoffene Plattform des Austausches zu bieten. Ihre Vorstellungen haben Sie im Vorfeld bekannt gemacht. Jetzt geht es darum, einen Raum für den Austausch und das Kennenlernen zu bieten. Es geht darum zu erkunden, welche der Teilnehmer in die gleiche Richtung wollen.

Gleich mit dem ersten Erkundungstreffen beginnen Sie die Kultur in dem Cohousingprojekt zu kreieren. Für den weiteren Weg brauchen Sie eine Kultur des-einander-Zuhörens, des-sich-aufeinander-Beziehens und die Bereitschaft auf den Argumenten des Vorredners aufzubauen. So kann peu a peu ein Vertrauensraum entsteht, wo die Dinge offen angesprochen und kreative Entscheidungen getroffen werden. Dieses Miteinander zu kreieren, ist ein Prozess. Deshalb sollte schon der Ablauf des Erkundungstreffens durchdacht sein.

Das erste Erkundungstreffen können Sie eventuell noch selber moderieren. Vielleicht müssen Sie nur ein Erkundungstreffen veranstalten, weil sich gleich die passenden zusätzlichen Menschen zu den schon engagierten Menschen finden; vielleicht veranstalten Sie mehrere Erkundungstreffen. Unter diesem Link finden Sie einen Vorschlag für den Ablauf mit detaillierten Moderationshinweisen.

In den Erkundungstreffen besprechen Sie nacheinander folgende Fragen:

Ankommensrunde (jeder spricht zur Frage):
Ich heiße…. Ich arbeite als … und lebe mit…. Das Thema Cohousing ist interessant für mich, weil…

Erwartungen / Wünsche / Hoffnungen an das Leben im Cohousingprojekt sammeln (jeder spricht):
Wofür will ich in einem Cohousingprojekt leben? Was soll ein Cohousingprojekt ermöglichen?
Die Antworten schreiben Sie für alle sichtbar auf einem Flip auf.

Knappe Reflexion (jeder spricht zur Frage):
Wenn ich mir auf dem Flip anschaue, was wir gesagt haben, sehe ich folgende Gemeinsamkeiten… Wenn ich … lese, habe ich folgende Verständnisfrage an …?

Ausblick: Es ist als nächster Schritt… geplant. Die (eventuellen) Kosten für den Raum und eine externe Moderation betragen pro Person …. (jeder spricht zur Frage):
Ich bin daran interessiert, weil…. Ich bin nicht daran interessiert, weil ich merke, dass….

Lassen Sie auch eine Adressenliste rumgehen, in die sich eintragen kann wer will. Vielleicht sind Menschen dabei, die ganz andere Vorstellungen haben und diese mit einer weiteren Person aus der Gruppe teilen. Mit der Adressenliste können sie sich leichter untereinander vernetzen. Vielleicht werden Sie dadurch zum „Heiratsvermittler“ für andere Initiativen. Das nützt Ihnen oder Ihrer entstehenden Pioniergruppe zwar dann nicht direkt, aber Sie öffnen Türen für andere und diese großzügige Grundhaltung ist förderlich.

Element 6: Gemeinsame Aktivitäten, um sich persönlich mehr kennenzulernen. Sie können wandern gehen oder zusammen kochen oder einen Spieleabend machen, oder wozu Sie sonst noch gemeinsam Lust haben. Wenn Sie sich vorher gar nicht kannten, ist dies eine gute Möglichkeit, ein besseres Gespür füreinander zu bekommen.

Element 7: Sie machen gemeinsam eine Exkursion zu einem Cohousingprojekt oder zu mehreren Cohousingprojekten. Dabei bekommen Sie Ideen. Ihre Vorstellungen, wie es funktionieren könnte, konkretisieren sich.

Element 8: Sie verabreden sich zum ersten gemeinsamen Visions- und Planungswochenende.

Die Vision ist der Beginn des konkreten Planungsprozesses. Machen Sie keine konkrete Planung, bevor Sie nicht ihre gemeinsame Vision geklärt haben. Der erste Visions- und Planungsworkshop ist das Initiationsritual für die Pioniergruppe. Damit geht es los! Hierzu finden Sie mehr unter dem Bottom Vision. Die Ergebnisse des Visions- und Planungsworkshops sind

  • der Entwurf von 3 bis 4 Leitsätzen
  • die Beschreibung, was mit diesen Leitsätzen gemeint ist
  • Arbeitspakete zum Weiterarbeiten
  • Zuordnung, wer sich für die jeweiligen Themen verantwortlich fühlt.

Element 9: Das Einzahlen des ersten Geldbetrags für die Vorlaufkosten.

Der Moment des Einzahlens erster Geldbeträge ist ein symbolisch bedeutsamer Schritt. Das liegt nicht daran, ob es viel oder wenig Geld ist für den jeweiligen Menschen. Geld ist Energie und die Bereitschaft, etwas in einen gemeinsamen Topf einzuzahlen, ist ein Ausdruck von Verbindlichkeit.

Am Anfang ist es noch nicht viel Geld, aber schon vor dem Kauf des Grundstücks fallen Planungskosten für z.B. rechtliche Beratung, die professionelle Prozessbegleitung, ein eventuelles Gutachten für das Grundstück usw. an.

Element 10: Workshop für die Zusammenarbeit

Anhand der obigen Checkliste für die Pioniergruppe wird deutlich, dass ein inhaltlich komplexes Feld zu bearbeiten ist. Wie Sie dies gut gestalten können, wird unter Entscheidungsmethoden und Soziokratie skizziert.

Folgende Fragen sollten Sie sich als Gruppe auf jeden Fall stellen:

  • Wie kann die Arbeit durch Delegation in Untergruppen kräftesparend organisiert werden?
  • Wie stellen Sie die Rückkopplung wichtiger Informationen und Entscheidungen in die gesamte Gruppe sicher?
  • Welches Entscheidungsverfahren passt kulturell zu Ihrer Gruppe?
  • Wie können Sie dafür sorgen, dass der Spaß nicht zu kurz kommt?
  • Welche gemeinschaftsbildende Rituale unterstützt Ihre Gruppe?

Sie machen es sich wesentlich leichter, wenn dieser Prozess professionell begleitet ist. Lassen Sie sich beraten und nehmen Sie sich auch für Ihre Rolle als Initiatoren einen Coach. Obwohl ich selber Profi bin, werde ich mir für meine eigene Cohousinggründung einen externen Coach nehmen. Weil ich als Beteiligte gleichzeitig Teil des Ganzen bin und nicht den unverstellten Blick von außen habe.

Bedenken Sie, dass Sie als Gruppe viel Geld in die Hand nehmen. Das Honorar für eine gute Prozessbegleitung wird im Gesamtbudget nur 0,X Prozent ausmachen. Und die Prozessbegleitung kann Ihnen viel Zeit, Nerven und Geld sparen.

Zusammenfassung

Die Pioniergruppe erarbeitet das Basiskonzept für das Cohousingprojekt. Hierfür gibt es eine Checkliste. Die konkrete Arbeitsphase beginnt mit dem ersten Visions- und Planungsworkshop. Die formulierte Vision sollte immer am Anfang der weiteren Konkretisierung stehen.

Durch das von der Pioniergruppe entwickelte klare Profil können sich später die Menschen anschließen, die in die gleiche Richtung wollen. In der Praxis hat sich dieses zweistufiges Verfahren bewährt. Es ist eine zu große Herausforderung, ohne Vorlauf in einer großen Gruppe die Richtungsentscheidungen zu treffen.

Die Pioniergruppe hat Arbeitsgruppengröße. In der Pioniergruppe sollte die angestrebte Vielfalt schon präsent sein. Damit sind unterschiedlichen Bedürfnisse, z.B. die der Altersgruppen, von Anfang an dabei.

Die Kultur des Miteinanders, die in der Pioniergruppe kreiert wird, strahlt auf die weitere Entwicklung aus. Deshalb sollte die Pioniergruppe sich auch Gedanken machen, wie sie ihr Miteinander und das Entwickeln von guten Entscheidungen mit Leichtigkeit und Eleganz kreiert.

Es kann etwas dauern, bis sich die Menschen finden, die in die gleiche Richtung wollen. Dies ist normal. Für diesen Findungsprozess wurden mehrere Elemente des Vorgehens beschrieben.

Zuletzt aktualisiert am 9. März 2018